Über Johann Jodok Heim kann man aus ein paar
Quellen eine kleine Legende nachlesen. Er wurde am 10.01.1772 auf dem
Gemstelboden (heute Gemstelboden 1) geboren und ist am 29.07.1789 auf dem
Hohenwang beim Schafe hüten erfroren. Hohenwang oder Höhwang, (wie es mein
Vater Josef sagt), findet man komischerweise nicht mal mehr auf der
Flurnamenkarte. Habe meinen Vater heute gefragt und der wusste sofort wo das
liegt. Höhwang ist der Grashang, direkt unter dem Gipfel des Elferkopfes
(2.387m). (in Richtung Gemstel)
Ich weiß nicht wer die Flurnamenkarte über Mittelberg gemacht hat, aber mir
ist aufgefallen, dass da jede Menge Bezeichnungen für verschiedene Orte im
Gemstel einfach fehlen. Über das Gemstel habe ich zum Glück sehr viel von
meinem Vater erfahren, aber wenn es bei den anderen Tälern auch so ist werden
vermutlich unendlich viele Bezeichnungen verloren gehen :((.
Als ich da heute mein Vater fragte wo das Höhwang genau liegt, hat er mich
gefragt wieso ich das wissen will. Als ich von der Geschichte vom Jodokusle
angefangen habe, meinte er nur das würde er schon kennen und hat es von selber
weiter erzählt. Normal erzählt er mir ja immer wieder solche Geschichten, aber
wie viele werden auch verloren gehen ?
Jetzt aber endlich zum Jodokusle! Den ältesten Bericht finden wir in der Feurstein- oder Baader Chronik:
Anno 1782, den 6. Januari, abends um 11 Uhr, verließ auf dem Gänstelboden Barbara Wüstnerin nebst acht Kindern das Zeitliche im 44. Jahr ihres erbaulichen Lebens. Ein Söhnlein, Jodocus mit Namen, etwas über neun Jahr alt, war im Bett, als die Mutter verschied. Er betete nachmal fleisig für seine verstorbene Mutter und mahnte auch seine Geschwistrige darzu. Er war beynebens ganz traurig biß den 28. Hornung (Februar). Da kam der Knab voller Freud aus seinem Schlafgemach, erzehlte den Seinigen mit groser Fertigkeit, welche ihm ansonst die Natur wegen stamlender Zunge gänzlich versagt, was er itzt das zweytemal gehört und gesehen. Just als ihr (sprach er zum Vater und den Geschwisterten) noch bey der Bettstatt der würklich verstorbenen Mutter weinetet, kam selbe zu meinem Bett, zimlich weiß im traurigen Aussehen. Sie sagte: Kind, ich bin zum Fegfeur verurtheilt. Bet für mich! Du bist es schuldig. Ich hab dir manchen Bissen aus dem Mund gegeben. Sobald ich erlöst bin, will ich wieder kommen, sey indessen still davon. Heut kam sie wieder vor anbrechenden Tag in schneeweiß und frölicher Gestalt, hatte doch ein klein schwarzes Flecklein auf der Nase. Sie sprach mit frolockenden Gebärden: Itzt bin ich nächst bey der Erlösung. Johann Jakob hat durch sein Gebet mir fünf Täge, Aloisi drei, Judith zwei, der Vater einen Tag von den Fegfeurstraffen ausgelöscht. Das Josephle (es war wie obige ein eigens Kind) ist ein böser Bub. Wegen seiner, weil ich ihm zuviel übersehen, muste ich drei Tag lang leiden. Es wird in der Ewigkeit weit genauer gerechnet, und alles weit wichtiger vergolten, als sich die Menschen einbilden können. Man thut den Predigern unrecht, wenn man sagt, sie machen das Fegfeur heiser als es sey. Denn die Hitz der Sonne ist nur ein Schein, und das irdische Feur noch ein pures Eiß gegen den Flammen des Fegfeurs. Die Priester sind nie imstand, diese Peinen nach Genügen zu beschreiben. Kind! Bet mir noch fünf Vaterunser, fünf Ave Maria und den Glauben. Sag alles deinen Geschwisterten, sie sollen sich spiglen, gehorsamen und fromm leben. Es gehe in jener Welt mit der Straf erschröcklich und unbeschreiblich zu. Es fallen die Seelen der Christen so schnell und häufig als das Wasser durch ein Brunenrohr in das Fegfeur. Wer ihre Qualen nur von weiten ansehen müste, würde schon für Leid verschmachten. Diese sieben Wochen schienen mir viele 1000 gewesen zu seyn. Spiglet euch! Auf dieses ist sie verschwunden.
Der nämliche Knab musste im Sommer auf Schenißboden (es ist die Alp seines Vaters) hüeten. Am Schutzengel-Sonntag, den 7. Juli, kommt er eben da vom höchsten Berg herunter, erzehlt in der Hütte: Heut hab ich auf dem Berg am rothen Köpfle (vermutlich Runde Köpfle zwischen Elferkopf (2.387m) und Liechlekopf (2.384m)) um die Kirchenzeit etwas so schön und schimmerndes gesehen, dass ich es nicht beschreiben kann. Ich hörte aus diesem Glanz ein Stimm, welche sprach: Merke dir fünf Stuck: 1.) wer alle Morgen und Abend sagt: Alles zur Ehre Gottes! Der wird nicht leichtlich zugrund gehen. 2.) Mit den Gerechten ist gut sterben, auch wenn sie noch in das Fegfeur müssen, denn Gott kommt schon vor dem letzten Abdruck, von Maria und Heiligen begleitet, zu solchen Seelen, Er ehrt, lobt und bedenedeyet sie. Er verflucht hingegen die Verdammte und gibt ihnen die Höllenpeinen schon in den letzten Zügen zu empfinden. 3.) Jede Todsünd forderet, wie die Sünd Adams, den Sohn Gottes vom Himmel zum Kreuztod herunter. 4.) Geschwisterte oder einen andern Menschen ohne Ursach zu erzürnen, dass sie weinen, betrübt Gott so sehr, dass Er gleichfalls weinen könnte. 5.) Im Himmel scheinen 5000 Jahr so kurz als ein einziger guter Tag auf Erden. Erwecke Glaub, Hoffnung und Liebe und eine Reu und Leid. Dieses ausgeredt, war nichts mehr da.
So viel mein Jodocusle, welches ich selbsten abgehört. Es lernt, fastet, und redet hart, erscheint mir eines Betruges besonders in einer solchen Sach unfähig.
Auf einem Kalenderblatt konnte ich noch folgendes
über das Jodocusle finden:
1789
nach St. Jakobetag in selber Woche u. besonders den 29. July ist vill Regen u.
Schneewetter gewessen, u. hat grosse Wassergüße gehabt, unter dem Gassenstall
ist das Wasser in das guth ausgebrochen u. ist vill Wasser neben der Brugg durch
die Heintzen hinabgangen u. hat ein sehr tiefen Graben ausgefreßen, hingegen
ist das Sand gewaltig erhöhet worden, wo vorher das wasser gefloßen, u. ist
das Wasser mit Wuohren u. vieller harter u. mehr Jähriger Arbeit zum theil in
die alten Schranken gebracht worden. an obigen 29. July ist dem Johann Heim auf
dem Genstelboden ein Sohn im Hohenwang erfrohren.
Zum Abschluss muss ich natürlich noch erwähnen: Das oben erwähnte "Josephle das ein böser Bub war" ist mein Altgroßvater (UrUrUr-Großvater) Joseph Anton Heim (05.07.1778 - 25.07.1851).